GASTBEITRAG

Naturnah gestaltete Privatgärten können einen wertvollen Beitrag zum Vogelschutz leisten. Leider fühlen sich viele bei dem Thema nicht angesprochen, weil sie selbst keinen eigenen Garten besitzen oder glauben, ihr Garten würde sich dafür nicht eignen. „Mein Garten ist zu klein, um damit etwas zu bewirken“, „Ich habe keine Zeit für Gartenarbeit“, „Wenn ich Futterstellen und Nistkästen anbringe, kann ich den Garten selbst ja gar nicht mehr richtig nutzen“ sind Beispiele für die Bedenken, die ich immer wieder höre. Aus Erfahrung weiß ich es besser.

Tatsächlich ist „mein Garten“ sehr klein. Er gehört mir auch nicht, ich wohne zur Miete. Genau genommen, besteht er größtenteils aus einer mit Betonplatten ausgelegten Terrasse mit schmalen Streifen Freifläche an den Rändern, die ich mit mediterranen Kräutern, Wildblumen und historischen Rosen bepflanzt habe. Da diese Pflanzen mit wenig Wasser und Pflege auskommen, (Einmal im Jahr zurückschneiden reicht, gießen muss ich so gut wie gar nicht.) ist der Arbeitsaufwand gering.

Gerade im Sommer nutze ich den Garten intensiv. Ich sitze an meinem Gartentisch, wo ich frühstücke, schreibe, lese oder am Laptop arbeite. Oder ich stehe auf der Terrasse an meiner Staffelei und male, stelle den Wäscheständer auf, ernte Wildkräuter oder kümmere mich um die Pflanzkübel, in denen ich Tomaten, Gemüse oder Kräuter anbaue. Jeder Zentimeter ist genutzt. Und trotzdem erfreue ich mich an einer Vielzahl von Vögeln, Insekten und Kleintieren, die sich von mir nicht stören lassen. Aus den wenigen Amseln und gelegentlich einem Rotkehlchen, die ich zur Zeit meines Einzugs beobachten konnte, sind mittlerweile um die vierzehn verschiedene Vogelarten geworden, die regelmäßig an den Futterstationen fressen, im Vogelbad baden oder in den Sträuchern nisten. Von Zeit zu Zeit schauen auch Eichhörnchen vorbei, gelegentlich sogar ein Sperber – und das mitten im dichtbesiedelten Stadtgebiet.

Vögel merken schnell, von wem ihnen Gefahr droht und von wem nicht. Wenn ich beschäftigt bin, zum Beispiel beim Lesen am Tisch, höre ich das Flattern der Singvögel, die hinter meinem Rücken die Futtersäule anfliegen. Kürzlich machte mich mein Lebensgefährte darauf aufmerksam, dass beim Säen von Wildkräutern ein Rotkehlchen in meinem Windschatten hinter mir her hoppelte. Das harmlose Tier, vielleicht eine Art zweibeiniges Wildschwein, als das mich das kleine Vögelchen wohl einstufte, könnte ja beim Wühlen in der Erde ein leckeres Würmchen an die Oberfläche geholt haben!

Von einer naturnahen Gartengestaltung profitieren alle, sowohl die Tiere als auch die Menschen. Seitdem ich Ganzjahresfütterung betreibe, habe ich mit meinem Garten mehr Freude und gleichzeitig weniger Mühe, z. B. mit Blattläusen. Auf meinen Gartenpflanzen habe ich schon lange keine mehr gesehen, und die Tomaten im Kübel wurden letzten Sommer jeden Abend von den Blaumeisen gründlich abgesucht – fast, als wollten sich die Vögel für das Futter und den Rückzugsort bedanken.

Meine Tipps für den vogelfreundlichen Garten:

1. Mut zu Unordnung und Faulheit (Die Grundregel für den naturnahen Garten)

Die Vorstellung, ein Garten müsse ebenso „ordentlich“ aufgeräumt werden wie die eigene Wohnung, geht auf die überholten Ideale einer militaristischen Gesellschaft zurück. Wer den im Ausland zu Recht berüchtigten „deutschen Ordnungswahn“ überwindet, hat weniger Arbeit und mehr Freude! Lassen Sie den Garten ruhig ein wenig verwildern. Im Herbst abgefallene  Blätter schützen den Boden vor dem Austrocknen und wärmen die darunterliegende Erdschicht. Abgestorbene Stauden können über den Winter stehen bleiben und bilden mit Raureif überzogen einen idyllischen Anblick. Richten Sie eine Ecke für Totholz als natürliches Insektenhotel ein. Lassen Sie die Natur einfach machen!

Ein besonders schönes Erlebnis, das mir meine „Faulheit“ bescherte, war der erste Besuch eines Distelfinkpärchens in meinem Garten. Ich sah gerade zufällig aus dem Fenster, als im Frühjahr zwei wunderschöne bunte Vögelchen, die ich noch nie aus der Nähe gesehen hatte, gleichzeitig angeflogen kamen. Sie ließen sich sofort auf zwei nebeneinander stehende Eselsdisteln aus dem Vorjahr nieder, die sich unter dem Gewicht anmutig zur Seite neigten und pickten in aller Ruhe die Samen heraus. Hätte ich die Disteln abgemäht, wäre mir diese schöne Begegnung entgangen!

2. Die richtigen Pflanzen auswählen

Futterpflanzen für Tiere:
Wildblumen und -kräuter vermehren die Anzahl von Insekten, die wiederum Rotkehlchen und andere insektenfressende Vögel ernähren. Darüber hinaus stehen die Samen von Disteln, Sonnenblumen und anderen Pflanzen auch bei Vögeln auf der Speisekarte. Früchte und Beeren z.B. von der Kornelkirsche, der Schlehe oder der Felsenbirne sind bei Vögeln und Kleintieren gleichermaßen beliebt.

Auch ohne eigenen Garten kann man auf dem Balkon oder dem Fensterbrett Wildpflanzen oder -blumen ansäen, die Insekten Nahrung bieten. Das gilt auch für das Einrichten von Futterstellen oder Vogeltränken. Man sollte nur darauf achten, dass heranfliegende Vögel die Glasfläche erkennen können (z.B. durch den Einsatz von Schutzgittern, Milchglas oder Folien1) und nicht gegen das Fenster fliegen. 

Schutz für Vögel:
Damit sich die Vögel in ihren Garten trauen, brauchen sie Anflugstellen, an denen sie sich sicher fühlen und auch einmal ausruhen können. Hecken und Büsche sind ideal, insbesondere Dornenhecken wie Rosen, Schlehe oder Brombeeren. Größere Sträucher bieten auch Nistmöglichkeiten.

3. Futterstellen für Vögel einrichten

4. Vogeltränke aufstellen

5. Nistkästen anbringen

6. Insektenhotels aufstellen

7. Wenn möglich, auch Igeln und anderen Nützlingen Refugien anbieten

8. Den Garten vor Katzen und anderen Vogelfeinden schützen

9. Ökokorridore ermöglichen

Wenn Sie in einer „ökologischen Wüste“ wohnen, sprich, keine Grünflächen in anfliegbarer Nähe vorhanden sind (z.B. im städtischen Raum), nützen die besten Futterangebote nichts. Dann bleibt ihnen nichts übrig, als in der Nachbarschaft oder lokalpolitisch aktiv zu werden. Oft fallen einem die Möglichkeiten, Grünflächen miteinander zu verbinden, erst bei näherer Betrachtung auf: Unscheinbare Gehölze, Brachflächen oder Blühstreifen können ökologisch wertvoller sein als manche totgestylte Gartenanlage.

Kauzenfan

Weiterführende Links

1 Bund: Broschüre zum vogelfreundlichen Bauen 

 

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